Merkel sieht Uribes Politik positiv
Die Bundeskanzlerin erfüllte sich ihre eigene Erwartung, Kolumbiens Realität nicht über Schlagzeilen und distanzierten diplomatischen Berichten sondern aus erster Hand näher zu kommen. Die Bilanz ihrer vielen Treffen mit kolumbianischen Gesprächspartnern stellt die von der Regierung Uribe erzielten Fortschritte hervor.
Angela Merkel zeigte sich vor allem den Prozessen unter Justicia y Paz verpflichtet. Dass die alten Para-Einheiten sich aufgelöst haben, ihre Taten aufgeklärt und Verbindungen zu Politikern, auch regierungsnahen Abgeordneten aufgedeckt werden, beeindruckte sie sehr. “ Es ist eine Rückkehr des Rechts“, sagte sie und zeige, dass die Regierung Uribes nicht über Missstände hinweg sehe. Merkel wollte die Vergangenheit nicht vergessen aber die positive Entwicklung festhalten.
Merkel erfuhr durch Uribe und Iguarán (Ober-Staatsanwalt) über die Probleme von Justicia y Paz, die sich gerade in der Auslieferung mehrerer Para-Chefs in die USA offenbarte. Eines der Probleme sei es, die Opfer der Paras zu Anklagen und Aussagen gegen die Terrororganisation zu bekommen. Grundlegend sei dafür, dass die Mehrzahl der Hinterbliebenen und Opfer in entlegenen Gegenden lebten und meistens Frauen seien, denen es aus finanziellen und familiären Gründen schwer falle, zum nächsten Gericht zu fahren um Anklage zu erheben und den Vernehmungen der Paras zu folgen. Daher spendete die deutsche Regierung fünf Fahrzeuge, mobile Anhörsäle, mit denen Anwälte zu den Opfern fahren könnten. Da diese Jeeps mit Satellitentechnik ausgestattet seien können die Opfer nun aus der Ferne den Anhörungen der Paras durch die Staatsanwälte und Opfer-Vertreter folgen und mit Fragen und Kommentaren eingreifen.
Besonderes Interesse zeigte Merkel auch für das Aufkommen neuer Terrorgruppen wie die „Aguilas Negras“ und die Erfolge und Probleme des Programms der „Waldschützer-Familien“. Mit diesem Programm will die kolumbianische Regierung Familien die vom illegalen Coca-Anbau leben und dafür Wälder und Ökosysteme zerstören eine Existenz-Alternative bieten. Die Familien erhalten im Jahr ca. EUR 1.300 damit sie die Coca-Pflanzen manuell entfernen und das Gebiet renaturieren. Neben den Budget-Problemen des Programms ist auch die Bedrohung der Familien durch Drogen-Banden und Guerilla-Gruppen die Hauptschwierigkeit um größere Erfolge zu erzielen. Merkel scheint hier ein Programm zu sehen, das im Rahmen der gemeinsamen Drogenbekämpfung, der Unterstützung wert ist.
Einen kleinen Denkzettel gab Merkel Uribe in Sachen Umgang mit den Gewerkschaften. Nach ihrem Treffen mit dem Gewerkschafter Carlos Rodriguez, wies sie noch einmal auf die besondere Bedeutung hin, die den Gewerkschaften als Vermittlern zusteht und deren Sicherheit und Mitspracherecht zu garantieren seien. Carlos Rodriguez wiederholte zufrieden diese Einstellung der Kanzlerin in den Medien.
Rückendeckung erhielt Uribe dagegen in seinem Kampf gegen die FARC und den daraus resultierenden diplomatischen Problemen mit den Nachbarn Venezuela und Ecuador. So erzählte sie, dass sie Chavez bei einem kurzen Gespräch in Lima über das Thema Ecuador auf die Wichtigkeit aufmerksam machte, dass Kolumbiens Nachbarn dieses im Kampf gegen den Terrorismus unterstützen.
Auch wirtschaftlich sieht die Bundesregierung Kolumbiens Fortschritte. Die positiven Zahlen in der Bildung, dem Rückgang der Arbeitslosigkeit senden positive Signale an das Ausland. Zwar ist es Politik der EU im Block mit den Staaten Südamerikas zu verhandeln, trotzdem wurden zwei bilaterale Abkommen abgeschlossen, die beidseitigen Anlagen sichern und die doppelte Versteuerung im Warenaustausch abschaffen sollen.
Merkels Besuch wird in Kolumbien allgemein als positiv angesehen. Nicht nur die effektive Hilfe, die die Kanzlerin mitbrachte sind der kolumbianischen Gesellschaft wichtig. Gerade im Hinblick auf die Aussöhnung mit den verschiedenen Gewaltakteuren setzen die Kolumbianer sehr viel auf Deutschlands ausgeprägtes Geschichtsbewusstsein und die Erfahrung mit Aussöhnung mit der Nazi-Gesellschaft und des DDR-Regimes sowie der finanziellen Gutmachung derer Opfer.