Tourismus – wie wichtig ist er und in welcher Form?

boca-grandeZum wiederholten Male frage ich mich, woher die kolumbianische Presse die Zahlen zum Tourismus bekommt bzw. welcher Experte diese interpretiert. Dies passiert mir fast immer, wenn ich einen Artikel über Tourismuszahlen in der Zeitung lese.

So auch gestern. Im „Nuevo Siglo“ erschien ein Bericht mit dem Titel „A Colombia no llegan mas turistas por la falta de hoteles“ – übersetzt: Die Tourismuszahlen in Kolumbien steigen aufgrund der fehlenden Hotelkapazitäten nicht.

Entweder stimmen also die Auslastungszahlen von knapp 57 % aus 2007 nicht, oder der Schreiber interpretiert zuviel in die Aussage, dass aufgrund der verbesserten Sicherheitslage mehr Touristen kommen und deshalb alte Hotels renoviert und zum Teil neue gebaut werden.
Zum Artikel gefügt ist eine Liste mit neu-erbauten Hotels aus dem Jahr ??? Dies wird nicht angegeben.

Der Tourismus ist lt. dieses Artikels der 3. wichtigste Sektor für Deviseneinkünfte. Wenn dem so ist, sollten dann nicht präzisere Angaben gemacht werden? So heißt es weiter „Um in 2009 das Ziel von 3,5 Millionen internationalen Gäste zu erreichen….“ Hier wird weder eine Prozentzahl des angestrebten Wachstums noch eine Zahl aus dem Vorjahr erwähnt, so dass der Leser keine Relation erhält.

Auch gibt es bei der Angabe von Touristenzahlen Widersprüche oder sie werden nicht ausreichend getrennt dargestellt. So wird ein Kreuzfahrttourist, der in Cartagena für 2 Std. von Bord geht, um zu Hause stolz erzählen zu könne, dass er in einem gefährlichen Land war, genauso als Tourist gezählt, wie jemand, der 3 Wochen das Land bereist.

Vielleicht haben die oben genannten Probleme damit zu tun, dass in Kolumbien mehrere Institutionen für den Tourismus verantwortlich sind und diese untereinander nur wenig zusammenarbeiten. Zuständigkeiten sind nicht exakt geklärt. Ob privatwirtschaftliche Unternehmen oder staatliche Institutionen, alle rühren in der großen Wunderkiste Tourismus.

Es heißt Proexport mache das Marketing im Ausland, der Fondo de Promocion Turistica arbeite im Inland und dann ist da auch noch das Ministerio de Comercio, Industria y Turismo.
Es gibt keine einheitliche Identität – jede Institution versucht durch andere Slogans und Kamagnen Touristen auf das Land aufmerksam zu machen. Bei Interviews zu meiner Diplomarbeit vor 2 Jahren konnte ich auch feststellen, dass es keine langfristigen Zielformulierungen gibt und es macht mir nicht den Eindruck, als hätte sich dies geändert.

Ein weiterer Punkt, der für mich diskussionswürdig ist, ist die Tatsache welche Art der Hotels in Kolumbien gebaut wird. Mit Bettenburgen, wie sie bereits an der Karibikküste existieren, sollen dann 3,5 Mio. ausländische Touristen angelockt werden?

Meine Vorstellung von einem gesunden Tourismus für das Land ist dies nicht!… und von Ästhetik und landestypischer Schönheit sind Boca Grande und Co. weit entfernt.