Tayrona: Früher Koka, heute Touristen

Foto PosadaGestern Abend war ich zu einer hochinteressanten Veranstaltung der kolumbianischen Regierung eingeladen. Die Institution „Accion Social“, ein direkt dem kolumbianischen Präsidenten untergeordnetes Organ, das sich um die soziale Entwicklung und internationale Kooperation kümmert, stellte ein neues Projekt vor.

Zunächst jedoch die Vorgeschichte dazu. Die Sierra Nevada de Santa Marta ist das höchste Küstengebirge der Welt. Von den Gipfeln der Sierra – dem Pico Colon und dem Pico Bolivar, die beiden mit 5770m höchsten Berge des Landes – sind es nur 42 Kilometer Luftlinie bis zum Meer. Das ist einmalig.

In der Sierra gibt es neun verschiedene Klima- und Vegetationsstufen, begonnen vom tropischen Regenwald, über Paramos bis zur Schneeregion. Aufgrund dieser hervorragenden Klimabedingungen, aber auch der schwierigen Erreichbarkeit hat sich dieses Gebiet in den 70´er Jahren zum größten Marihuana Anbaugebiet der Welt entwickelt. Die Nähe zu den Häfen in Santa Marta und Barranquilla erwiess sich dabei also weiterer „Standortvorteil“ der Region. In den 80´er Jahren löste dann Koka die Marihuana ab. Die Gewinne der Drogenmafia vervielfachten sich und die vielen Bauern und Eingeborenen der Region wurden zu Opfern des Drogenkampfes.

Die landschaftlich so unheimliche vielfältige Sierra Nevada de Santa Marta, die dort lebenden Bauern und Eingeborenen wurden also ungewollt Teil des Drogenkonflikts Kolumbiens. Nachdem die Giftbesprühungen der Kokafelder unterm Strich wenig Erfolg brachten, Wissenschafter haben sie vom ökologischen Standpunkt schon immer mit großer Skepsis betrachtet, zerstörte Felder wurden zudem einfach durch andere ersetzt, musste umgedacht werden.

Die Idee ist nun nicht die Felder zu zerstören, sondern die Bauern von einem neuen Produkt zu überzeugen und sie selbst zu motivieren, vom Kokananbau Abstand zu nehmen. Die Idee der sog. „Posadas Eco-Turisticas“ – ecotouristischen Herbergen – wurde geboren. Die Regierung unterstützte die Bauern, die speziell für dieses Projekt geschult worden sind, finanziell und logistisch beim Bau kleiner, landestypischer Herbergen, die alle im Stil der Tayrona-Architektur erbaut worden sind.

In sechs speziell dafür ausgewählten Gebieten in der Sierra Nevada, alle in wunderbarer Natur gelegen, direkt an kristallklaren Flüssen oder sonstigen landschaftlich interessanten Orten wurden eine oder mehrere „Posadas“ aufgebaut.

Jede „Posada“ bietet Platz für bis maximal 5 Personen. Sie sind einfach und ohne Luxus ausgestattet und verfuegen ueber ein Privatbad, einen Aufenthaltsraum mit Hängematte, Moskitonetze und Ventilatoren. Die meisten liegen dazu nur zwischen 10 und 45 Gehminuten von den Traumstränden des Tayrona-Nationalparks entfernt. Sie werden von den ehemaligen Kokabauern und ihren Familien betrieben. Zu jeder „Posada“ gehört ein Restaurant, welches die Göste mit Spezialitäten der Region verwöhnt.

Ökologische Wanderungen zu Flüssen, Wasserfällen und durch den dichten tropischen Regenwald vervollstaendigen das Angebot. Ein an Abwechslung kaum zu überbietenden Aufenthalt in einer der landschaftlich schönsten Regionen der Welt ist dabei garantiert. Und das beste dabei ist, dass man den Bauern der Region dabei hilft zu erkennen, dass es sich gelohnt hat auf dieses „Alternativprodukt“ der touristischen Herbergen umzusteigen. Solche Projekte gilt es meiner Ansicht zu unterstützen, helfen sie doch in beispielhafter Weise nicht nur den einzelnen Personen, sondern auch Kolumbien den vielen anderen Ländern, vor allem Europas und den Staaten, woher der Grossteil der Nachfrage nach dem Rauschgift herkommt.