Der Para-Skandal – bedroht nicht nur Consuelo Araujos politische Existenz
Obwohl der Präsident Alvaro Uribe seiner Außenministerin am Freitag das Vertrauen aus sprach, darf Consuelo Araujo kein Verstimmen der gegen sie gerichteten Rücktrittsforderungen erwarten. Zwar genießt sie auch das Vertrauen ihrer politischen Gegner, jeder lobt ihre Amtsführung, ihre schon oft unter Beweis gestellten Fähigkeiten ein politisches Ressort zu leiten und niemand in Kolumbien bringt sie persönlich in die Nähe der Paramilitärs.
Viele verstehen den Präsidenten wenn er darauf besteht, die Amtsinhaberin nicht zu opfern, nur um den Para-Skandal – ein „real existierendes“ Drama in Kolumbien – klein zu spielen. Aber auch engste Berater Uribes sehen in einem Festhalten an Araujo, unnötige Belastung und Verschleiß für die Amtsinhaberin. Wie stark der Gegendwind für Araujo wird, zeigt sich schon bestimmt in dieser und den kommenden Wochen.
Aber nicht nur für Araujo ist die juristische Verfolgung der mit den Para-Militärs zusammen arbeitenden Politikern ein großes Problem. Auch die Parteien, aus denen die Inhaftierten und/oder Beschuldigten stammen, geraten unter Druck, manche auch existenzieller Art. Es geht darum, wer die freigewordenen Mandate besetzen soll. Hier zeigt es sich, dass die möglichen Nachfolger entweder selbst in den Para-Skandal verwickelt sein können oder einfach zu wenig Stimmen erhalten haben, um ein Mandat zu rechtfertigen. Davon betroffen sind gerade die Parteien aus der Uribe-Koalition, was die politische Arbeit des Präsidenten nicht einfacher machen wird.
Neben den engen Beziehungen der Paras zu den Koalitions-Parteien, wird aber auch die strukturelle Schwäche der kolumbianischen Demokratie sichtbar. Genau so wie der Staat in diesem weiten Land über große Gebiete nicht präsent ist, sind dort auch politische Parteien nicht vertreten. Politik wird dort von einigen Herren oder Damen gemacht, ohne dass diese sich einer bestimmten Partei zu gehörig fühlen würden. Zu welcher Partei die lokale Polit-Größe geht, ist auch eine Frage, welche Posten, Ämtern oder sonstigen Danksagungen ihr für den Fall eines Wahlsieges versprochen werden. Daher ist es auch keine Überraschung, dass gerade in den Uribe treuen Parteien die meisten der nun angeklagten Politiker sitzen. War es doch eine erklärte Strategie der Paras, ihre Leute in regierungsbildende Parteien zu bringen um von hier aus vor allem für den Frieden mit der Regierung günstigere Bedingungen aus zu handeln.
Die politische Meinungsbildung wird in den weiten ländlichen Gegenden Kolumbiens also nicht von Parteien, sondern von Einzel-Personen und/oder Gruppierungen wie Paras oder Guerillas betrieben. Sie vertreten dann auch mehr persönliche oder die Interessen einer Gruppe als politische Inhalte. Auch die Auswahl der Vertreter erfolgt durch die Gruppe oder den lokalenMatador und daher sind diese Leute in den Parteizentralen oft unbekannt.
Bisher sahen die politisch Verantwortlichen, diese Eigenart als eine Art kolumbianische Politfolklore an. Nun wird es allen schmerzhaft bewußt, dass z.B. den Paras hierdurch Tür und Tor geöffnet wurden und es für sie ein einfaches war sich bis zu 35 Prozent der Mandate in den Abgeordneten Kammern (Senat und Parlament) zu sichern. Wer diese Zahl als Prahlerei der Paras nach der Wahl nicht ernst nehmen wollte, stellt nun fest, dass keine unbedenklichen Nachfolger für die juristisch Verfolgten Mandatsträger zu finden sind.
Es werden schon Stimmen laut, die eine Neuwahl fordern und dass das Parlament dafür nach 24 Monaten, d.h. der Hälfte der Legislatur-Periode auflösen soll.
Eine der rührigsten Senatorinen, Gina Parodi von der Uribe Partei „Partido de la U“ brachte eine Gesetzes-Initiative voran, nach der den Parteien, also auch ihrer eigenen, die Mandate ab erkannt werden sollen, sobald die Beschuldigten wirklich juristisch schuldig befunden werden. Dann sollen auch die von der Partei oder dem Abgeordneten erhaltenen Wahlzuschüsse für das entsprechende Mandat zurück gegeben werden und die Parteien dürfen im Wahlkreis ihres verurteilten Mitglieds keine politische Arbeit leisten, wenn es um die Nachwahl eines Vertreters für den Wahlbezirk geht.