Kolumbien – Lehrerstreik geht weiter

02.jpgFür den heutigen Freitag hat die Vereinigung kolumbianischer Erzieher („Federación Colombiana de Educadores = Fecode“) zu weiteren Kundgebungen aufgerufen. Schon am vergangenen Mittwoch, 22.05.07, wurde Landesweit gegen Teile des kurz vor seiner Verabschiedung stehende Gesetz, welches die Verteilung des Staatshaushalts regeln soll, protestiert. Landesweit gingen eine geschätzte Million Menschen (50.000 davon in Bogota) auf die Straße.

Für die Fecode stellt die neue Verteilung der Staatsmittel die finanzielle Existenz der staatlichen Schulen und Universitäten in Frage. Dieses Gesetz sieht bis 2016 die Streichung von 20 Billionen Pesos (ca. 7,5 Millionen EUR) vor, die für die Erziehung vorgesehen waren. Fedeco geht gegen diese Kürzungen auf die Straße.

Eigentlich eine klare Sache. Da aber in Kolumbien Vorwahlkampf ist (im Oktober stehen die wichtigen Regionalwahlen an) sind solche Veranstaltungen immer eine willkommene Bühne um Wahlkampf zu betreiben. So nutzt die stärkste Oppositionspartei die Chance und war am Mittwoch bei den Kundgebungen in Bogota mit ihrer Führungsriege vertreten.

Und so wird auf einmal aus der Furcht der Lehrer und Schüler auch eine Demonstration gegen das angestrebte Freihandelabkommen mit den USA und gegen die tief in den Para-Skandal steckenden Politik Kolumbiens.

Das neue Gesetz zu Verteilung der Haushälter geht über die Probleme der für die Erziehung bestimmten Haushalte hinaus und ist mehr ein Entwicklungsplan der Nation. Daher trägt es auch den Namen: Plan Nacional de Desarollo y Ley de Transferencias (Nationaler Entwicklungsplan und Gesetz der Verteilung). Damit will die Regierung erreichen, dass die staatlichen Gelder effizient verwaltet werden und auch für die Zwecke eingesetzt werden, für die sie bestimmt, d.h. im nationalen Entwicklungsplan vorgesehen sind.

So sind z.B. Strafen vorgesehen, falls regionale Verwaltungen während zwei aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren die Versorgung ihrer Bevölkerung mit Trinkwasser, Gesundheitseinrichtungen, Schulen und Hygiene nicht, wie im Entwicklungsplan vorgesehen, steigern. In solchen Fällen übernimmt dann eine Instanz die Verwaltung der Gelder, die regionale Regierung verliert bis auf weiteres ihre finanzielle Unabhängigkeit. Die oppositionelle Liberale Partei greift diesen Punkt auf, weil er erstens die Bemühungen unterwandert, regionalen Regierungen größere Selbstständigkeit und Verantwortung zu übertragen und zweitens durch die Schaffung einer dritten Instanz, welche die Gelder verwaltet, die administrativen Kosten in die Höhe treibt.

Ebenfalls werden an die Krankenkassen stärkere Auflagen gestellt, medizinische Leitungen tatsächlich zu erbringen. So besetzten z.B. am Mittwoch die Kohle-Gewerkschaft des Staates Guajira die Niederlassung Sozial- und Gesundheitskasse in der Stadt Riohacha um gegen die mangelhafte gesundheitliche Versorgung der Arbeiter zu protestieren.

Das eigentliche Anliegen der Lehrer geht dabei unter. Auch der Staat rechnet eine Kürzung von 20 Billionen Pesos bis 2016 vor. Diese Gelder wurden in der Verfassung von 1991 festgelegt. Die traurige Tatsache ist, dass seit dem diese Gelder nur auf dem Papier standen und Lehrer staatlicher Einrichtungen seitdem lange auf Auszahlung ihrer Gehälter warten müssen, Renten spät oder unvollständig überwiesen werden und Schulen und Hochschulen auf die zugesagten Fördermittel jahrelang warten müssen. So wurde dann 2001 dieser Plan eingefroren und dem Budget Erziehung ein immer geringerer Anteil am Brutto Inlands Produkt zugestimmt, zuletzt 2,9 Prozent

Die heutige Regierung sieht es als unehrlich an, an den 1991 viel zu hoch gesetzten Zahlen zu halten und schlägt statt dessen ein festes, inflationsbereinigtes jährliches Wachstum zwischen 3 bis 4 Prozent vor. Die tatsächliche Zahl hängt vom Wirtschaftswachstum ab. Sollte dieses über 4 Prozent liegen, erhält das Erziehungsbudget 2 Prozentpunkte zusätzlich. Außerdem übernimmt die jetzige Regierung Teile der Pensionsleistungen der Hochschulen, die sich diese über die Jahre angesammelt haben. So sieht sich die jetzige Regierung berechtigt zu sagen, dass sie dem Erziehungsbereich tatsächlich mehr Geld gibt.

Auch hier zeigt sich, dass die PR Maschine der Regierung schlechte Arbeit macht, denn obwohl der Gesetztentwurf schon am 31.Oktober 2006 in den Kammern abgesegnet wurde, ist bis heute keine öffentliche Aufklärungsarbeit über die Vor- und Nachteile dieses Gesetzes geleistet worden. Die Regierung unterschätzt wieder einmal den Wunsch der Kolumbianer nach Selbstbestimmung, und Informationen und erleichtert der Opposition ihre Arbeit.

Hier ein Bericht der Zeitung El Tiempo über die Demonstrationen und die Positionen der Lehrervereinigung und der Erziehungsministerin (auf Spanisch).