Update: Friedensprozess/Gefangenentausch

Piedad Cordoba & Luis Carlos RestrepoEnde Mai dachte ich, dass wir nah dran sind an einer möglichen „humanitären Lösung“ – „acuerdo humanitario“. In Frankreich wurden Nicolas Sarkozy als neuer Präsident vereidigt und in seiner ersten Amtswoche bat er Alvaro Uribe den ranghöchsten Häftling der FARC – Rodrigo Granda – freizulassen. Diese Bitte entsprach der Präsident auf einer juristisch umstrittene Weise und erntete starke Kritik. Die Senatorin Piedad Cordoba berichtete daraufhin am 31. Mai, dass die Freilassung von Ingrid Betancourt in wenigen Stunden bevorsteht. Doch was geschah? Nichts. Piedad Cordoba verlor ihre Glaubwürdigkeit und Alvaro Uribe sein Vertrauen in den französischen Staatspräsidenten, denn die Freilassung von Rodrigo Granda war einseitig, die FARC hatte der französischen Regierung keine Zusagen gemacht.

Nach drei Monaten Ruhe ist in den letzten Wochen wieder einiges an Bewegung in den Prozess gekommen, hier eine Abfolge der Ereignisse, die nun völlig neue Impulse geben…

– am 02. August bot Uribe der FARC an alle Gefangenen der FARC freizulassen, wenn die Geiseln der FARC freigelassen würden, nachdem Gustavo Moncayo den Druck durch den March durch den Staat auf Uribe stark erhöht hatte.

РMitte August trafen sich zahlreiche Angeh̦rige von Geiseln mit dem venezolanischen Staatschef Hugo Chavez. Zum ersten mal wurde deutlich, dass Chavez sich in den Prozess einbringen m̦chte

– Ende August kam Hugo Chavez auf Staatsbesuch nach Bogota, die Hilfe des Nachbarn aus Venezuela wurde konkret besprochen und Alvaro Uribe gab dem venezolanischen Präsidenten offiziell den den Freibrief sich in diese eigentlich interne kolumbianische Angelegenheit einzubringen

– am 10. September traf sich dann besagte Piedad Cordoba (von der Oppositionspartei Polo Democratico) mit Hugo Chavez um den weiteren Prozess der humanitären Lösung zu planen

– am 12. September gab Alvaro Uribe überraschender Weise bekannt, dass Piedad Cordoba im Auftrag der Regierung sich mit Raul Reyes- Sprecher und Mitglied des Sekretariats der FARC – an einem geheimen Ort treffen kann.

– um den 14. September traf sich Piedad Cordoba mit Raul Reyes und gab bekannt, dass die FARC die humanitäre Lösung sucht und Hugo Chavez als Vermittler akzeptiert, hier das Video, das den Besuch dokumentiert:

– am 18. September einigen sich Hugo Chavez und die FARC auf ein Treffen der FARC Spitzen in Caracas mit dem venezolanischen Präsidenten in Caracas am 08. Oktober. Alvaro Uribe akzeptiert dieses Treffen.

– am 25. September treffen sich erneut Angehörige der Geiseln als auch Angehörige der inhaftierten FARC Häftlinge in Caracas um sich auf den Stand der Dinge bringen zu lassen. Nach dem Treffen äußert sich die Mutter von Ingrid Betancourt sehr hoffnungsvoll und berichtet, dass Hugo Chavez ihr zugesichert habe solange für den Gefangenenaustausch gekämpft zu haben, bis dieser stattfindet.

Die nächsten Schritte:

– am 03. Oktober treffen sich amerikanische Kongress-Abgeordnete mit Hugo Chavez und Piedad Cordoba um sich für eine humanitäre Lösung einzusetzen (drei US-Amerikaner befinden sich unter den Geiseln der FARC)

– am 08. Oktober kommt es zum Treffen der FARC mit Hugo Chavez

Meine persönliche Einschätzung:

Es ist auf alle Fälle ein gutes Zeichen, dass in den letzten Wochen das Thema neu belebt wurde. Ich glaube, dass Hugo Chavez ein ernsthaftes Interesse an einem Erfolg seiner Mission hat, so kann er seine politische Position in Südamerika weiter stärken. Ob sich die kolumbianische Regierung und die FARC einigen können bleibt jedoch zweifelhaft. Mit der humanitären Lösung – die ganz Kolumbien fordert – könnten beide Parteien gewinnen. Uribe, der als Hardliner gilt könnte den größten politischen Erfolg – die Freilassung der Geiseln – feiern. Die FARC hätte berechtigte Hoffnungen nicht mehr als terroristische Organisation eingestuft zu werden, evtl. sogar mit kleinen Gefängnisstrafen zurück in ein politisches Leben zu kommen, auf alle Fälle jedoch viel verspielten Kredit in der Bevölkerung zumindest teilweise zurückzugewinnen.

Das Problem wird jedoch sein, dass beide Parteien sich nicht mit einer Gewinner-Gewinner Situation zufrieden geben werden. Nach einer möglichen Einigung möchten sie jeweils als Gewinner und den anderen als Verlierer der ausgehandelten Lösung darstellen. Dies ist meiner Einschätzung nach die größte Herausforderung, die es im Friedensprozess zu meistern gilt.