Raul Reyes gefallen – FARC kopflos?

Wie vor einigem Minuten durch den kolumbianischen Verteidigungsminister bestätigt, fiel Luis Edgar Davia Silva, alias „Raul Reyes“ bei einem Gefecht zwischen FARC-Einheiten und kolumbianischen Streitkräften im Grenzgebiet zu Ecuador. Raul Reyes gilt als zweiter Mann der Organisation und war für die Öffentlichkeit das vielleicht bekannteste Gesicht der FARC. Mit ihm starben weitere 18 Menschen, die zu seinem Sicherheitsring gehörten.

Reyes Tod kann als ein schwerer Schlag für die FARC gesehen werden und so warten wir jetzt gespannt auf die Reaktionen der Guerilla und des venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez. Reyes ist einer der politischen Köpfe der FARC gewesen. Daher war er der Verhandlungsführer der FARC während der später gescheiterten Friedensgespräche mit der Regierung des Uribe Vorgängers Pastrana. In dieser Funktion besuchte er auch Europa und galt seit dem als die Person für die politische Öffentlichkeitsarbeit der FARC. Er galt als Hardliner und Vertreter der Linie keine Verhandlungen mit Uribe zu führen. Er dürfte auch für Venezuelas Präsidenten Hugo Chavez die wichtigste Ansprechperson gewesen sein.

Neben dem menschlichen und organisatorischen Verlust ihrer Führungspersönlichkeit dürften auch die moralischen Folgen dieses Schlags die FARC schwer treffen. Die kolumbianischen Streitkräfte können nun einen großen Erfolg in einer Reihe an militärischen Schlägen gegen die FARC nachweisen. Uribe kann jetzt mit schlagenden Beweisen seine These vertreten, dass die FARC militärisch zu schlagen sei. Seit einigen Monaten desertieren immer mehr FARC-Kämpfer, vor allem aus höheren Rängen und mit langen Dienstzeiten, weil sie nicht mehr an die Schlagkraft ihrer Organisation glauben und die gezielten Schläge der kolumbianischen Kräfte die organisatorische Struktur der FARC sehr geschwächt haben.

Wie wird die FARC nun darauf reagieren? Sie hatten nach den letzten Freilassungen angekündigt, dass es keine weiteren geben würde ohne dass es zuvor zu der Räumung seitens der staatlichen Organe der Gebiete bei Cali gekommen sei. Werden die Hardliner ohne Reyes weiter diese Haltung durchsetzen können? Wie ist es um Ingrids Sicherheit bestellt? Von den zuletzt Freigelassenen wissen wir, dass die FARC ihre Wut gerade an ihrer „Star“-Geisel auslassen und sie so schlecht behandeln, dass es heißt, dass ihr Ãœberleben nur eine Frage der Zeit sei. Wird sich die FARC nun an ihr rächen?

Wohin wird nun die FARC gehen? Es gibt Gerüchte, dass Marulanda, ihr erster Mann, schon tot sei oder seine Gesundheit so angeschlagen, dass er die Geschäfte nicht führen könne. Demnach könnte Reyes dann gar der erste Mann der FARC gewesen sein. Wird sich seine politische Position nach seinem Tod durchsetzen? Oder können sich die gemäßigteren Kräfte innerhalb der FARC behaupten? Doch wie kann die Zukunft der FARC aussehen? Politisch ist für sie in Kolumbien kein Platz, ihre politischen Inhalte werden von der Partei Polo Democrático schon mit Erfolg besetzt. Die politische Glaubwürdigkeit der FARC-Leute ist minimal, in Kolumbien werden sie als reiche Drogenmafia gesehen, politisch bestenfalls als Steinzeit-Kommunisten verstanden, die mittels Terror ihre Positionen durchsetzen wollen. Es ist daher unwahrscheinlich, dass die FARC sich zu Friedensverhandlungen bereit finden werden. Wenn sie ihre organisatorischen Probleme nicht in den Griff bekommt, wird die Fahnenflucht sie weiterhin ausbluten. Aber Marulanda wird nach gesagt, dass er lieber 1000 Mann als 15.000 habe, diese 1000 aber echte Guerilleros sein sollten. Für das Hauptgeschäft der FARC, dem Drogenhandel, hat die FARC ohnehin 14.000 Mann zu viel.

Da Reyes Camp sich im Staatsgebiet Ecuadors befand, wird die Aktion auch noch ein außenpolitisches Nachspiel für Kolumbien haben. Gerade Ecuadors Präsident hatte sich in jüngster Vergangenheit beschwert, dass die Kolumbianer ihre Grenzen zu seinem Land nicht ausreichend unter Kontrolle hätten und Ecuador somit im Norden an die FARC und nicht Kolumbien grenzen würde. Eine gleichlautende These hatte Chavez vertreten, anscheinend in der Absicht die FARC als legitime Herrscher über bestimmte Landgebiete zu legitimieren. Wie werden nun Correa und insbesondere Chavez auf diesen Übergriff reagieren? Gerade Chavez sieht in Kolumbien eine Marionette der USA, die den Nordamerikanern ihr Staatsgebiet zur Verfügung stellt um von hier einen Angriff gegen Chavez und seine bolivarianische Bewegung zu starten.