Freilassungen vor dem Abbruch?

In den letzten Minuten haben sich die Ereignisse überschlagen. In Caracas verlas Chavez ein Schreiben der FARC, in dem die FARC ankündigte, dass die Freilassung derzeit nicht möglich ist. Die FARC macht zwei Gründe dafür verantwortlich:

  1. das Wetter ließ die Freilassung nicht zu
  2. (Korrektur: das stand nicht im neuen Schreiben, wurde aber zuvor genannt)

  3. die kolumbianische Armee hat die Kampfhandlungen im Gebiet der Geiseln intensiviert, dies macht eine Freilassung nicht möglich

Fast zeitgleich gibt Alvaro Uribe eine Pressekonferenz:

Alvaro Uribe

Ich habe Alvaro noch nie so aufgeregt gesehen wie in diesem Augenblick. Er schreit förmlich in das Mikrofon. Seine Themen:

  • er bedankt sich beim venezolanischen Präsidenten und bei den internationalen Beobachtern für ihren Einsatz
  • er hat in der letzten Stunde mit den internationalen Vertretern gesprochen und der Inhalt der Pressekonferenz bereits erläutert
  • er bestätigt, dass das Wetter in den letzten Tagen im Gebiet bestens gewesen sei
  • der Verantwortliche Militär bestätigt, dass es seit zwei Wochen keine Kampfhandlungen im betroffenen Gebiet gegeben hat
  • um der FARC weitere Sicherheit anzugeben, hat er angeboten einen Korridor zu schaffen, den das Militär einrichten könnte, sobald sie die Koordinaten für die Freilassung der Geiseln bekannt gegeben würden

Als nächstes sprach der kolumbianische Präsident von einer Hypothese. Uribe, der als sehr verbindlich beschrieben wird, lässt sich auf eine gewagte These ein. Auch wenn er immer wieder betont, dass es sich um eine Hypothese handelt, würde es auf ihn zurückfallen, wenn diese Hypothese sich nicht bewahrheiten würde.

Laut der Hypothese kann die FARC derzeit keine Freilassung vornehmen, da sie gar nicht Emmanuel in ihrem Gewahrsam haben. Emanuel ist der Sohn der entführten Clara Rojas, nach dem die ganze Operation benannt wurde. Im Bundesstaat Meta ging heute ein Anruf, in dem ein Vater sein Kind aus einem Kinderheim zurückverlangen wollte, dass er vor einem Jahr dort abgegeben hat. Der Anrufer – so Uribe – könnte von der FARC kommen.

Denn es gibt ein Kind, dass den Beschreibungen von Emmanuel entspricht. Jhon Frank Pinchao ist im Mai diesen Jahres der FARC entkommen und berichtete in Details von dem Kind. So hätte das Kind einen Arm gebrochen gehabt. Bereits vor zwei Jahren ist ein Kind, dass den Beschreibungen entspricht in einem staatlichen Institut abgegeben worden. Es wäre von einer Indianergemeinde aufgenommen worden im Dschungel und ist dann über Umwege nach Bogota gekommen. Dort lebt es nun in einer Pflegefamilie. Um zu bestimmen, ob das Kind von Clara Rojas stammt, bat er die Mutter und die Geschwister von Clara Rojas – die sich zur Stunde in Caracas befinden – eine ADN Analyse vorzunehmen.

Wie auch immer diese Analyse aussieht, die kolumbianische Regierung ist bereit weiter die Garantien zu geben, die sie dem venezolanischen Präsidenten zugesichert hat, so Uribe.

Zum Abschluss holt der Präsident noch einmal weit aus und zählt zahlreiche Aktionen aus der Vergangenheit aus, in der die FARC gelogen hätte und die internationale Gemeinschaft hinter das Licht geführt hätte. Eines der Beispiele ist die Autobombe, die letztes Jahr in Bogota auf eine Militäruni gezündet wurde. Zuvor hatte Uribe den Friedensprozess nach seiner Wiederwahl zum Thema gemacht. Laut Uribe wurde das Attentat von der FARC verübt. Als er darüber erzählte, wie bitter es ihm war, dass in der europäischen Presse berichtet wurde, dass die Bomben aus Kreisen der Armee gezündet wurde um den den Friedensprozess aufzuhalten, sah man Uribe an, wie sehr er darunter leider, dass der FARC in Europ oft mehr Glaubwürdigkeit geschenkt wird als seiner Regierung.

Mit seiner Hypothese ist er ein sehr riskantes Spiel eingegangen. Auch wenn Uribe deutlich gemacht hat, dass es nur eine Hypothese ist und er weiterhin daran festhält alle Garantien einzuhalten für die Freilassung, so wird sich nun alles auf diese Hypothese konzentrieren. Sollte sie sich nicht bewahrheiten muss er mit massiver Kritik rechnen seine Vermutungen öffentlich gemacht zu haben. Sollte er Recht behalten wäre er ans Ziel gekommen, die FARC international als unglaubwürdig darzustellen (in dem sie eine Freilassung von Geiseln verspricht, die gar nicht in ihrer Gewalt sind).

Was auch immer herauskommt: wollen wir hoffen, dass es dennoch zu den Freilassungen kommt. In kürzester Zeit wird man aber nicht mehr mit ihnen rechnen können. Ob die internationalen Beobachter sich langfristig in Villavicencio einrichten wollen bleibt zu bezweifeln. Ich rechne damit, dass sie bald abreisen werden, ohne das es zur Freilassung kam.

Ich bin erstaunt über die Ereignisse. Ich hätte zugetraut, dass die FARC Hugo Chavez als Verhandlungspartner und mit dem internationalen Druck anders behandeln und hatte bereits vor Weihnachten mit einer Freilassung gerechnet. Die Verzögerungen von Tag zu Tag waren schon der Vorbote, dass irgend etwas nicht stimmt. Wie es weitergehen wird ist nun völlig offen…

Update: Nachdem die FARC über Chavez verkündet hat, dass derzeit die Freilassung nicht möglich ist, reist die internationale Delegation und Piedad Cordoba wieder aus Villavicencio ab mit dem Ziel Caracas.