Hat Bogota die modernste Deponie Lateinamerikas?

Genau vor zehn Jahren sind etwa 800.000 Tonnen Müll und Sickerwasser aus der einzigen Deponie Bogotás, Doña Juana, im Süden dieser Stadt ausgelaufen. Die grösste Umweltkatastrophe der Hauptstadt Kolumbiens, wie es noch bezeichnet wird.

Nur wenige Meter entfernt von der 450 ha grosse Deponie sind arme Vierteln der Stadt zu finden, die unregelmässig und ununterbrochen gebaut werden. Dort hatten sich die Menschen an die unangenehme aber angeblich noch umweltverträgliche Gerüche der Deponiegasen gewöhnt. Nach dem Vorfall, den sie am Anfang nicht verstanden, mussten sie ihre Häuser verlassen. In den nächsten Tagen und Monaten war der unangenehme Geruch in grossen Teilen der Stadt unvermeidlich spürbar, dennoch sind die Bewohner des Stadtteils zurück zu ihren Häuser gekehrt und verlangten beim Bürgermeisteramt Entschädigung wegen ihr Wohnsitz und der Beeinträchtigung ihrer Gesundheit.
Heute, zehn Jahre nach dem Ereignis haben sie noch kein Schadenersatz bekommen, obwohl das Verwaltungsgericht von Cundinamarca (Departament wo Bogota liegt) ihr Antrag auf Entschädigung neulich akzeptierte. Der Stadtsamt hat ihm unmittelbar bestritten.

Nach 1997 hat die Stadt in der Deponie viel investiert. Daher wird sie jetzt als die modernste Deponie Lateinamerikas bezeichnet. Acht Firmen sammeln der Müll und eine spanische Firma verwaltet das Geschäft, das jährlich etwa € 125 Millionen finanzieller Nutzen erträgt (Angaben von 2005). Das Geschäft läuft so gut, dass die Stadt die Ausweitung von 500 ha in der Deponie vorhat. Die Bewohner der Nachbarvierteln haben eine permanente Versammlung einberufen, um sich dagegen zu wehren.

Die Bedeutung der modernen Deponietechnologie muss aber relativiert werden: sie kann für Sonderabfällen gut helfen, aber für die tägliche 8.500 Ton Müll der Stadt, besonders Hausmüll, ist sie fast unnützlich. In Bogota wird nicht in der Quelle der Müll systematisch getrennt. Eine Vielzahl von armen Menschen, die sogenannten Recicladores (Recycler) laufen in der Nacht durch die Strassen der Stadt und sammeln Papier und Glass aus den Mülltütten, wo die fast siebenmillonen Einwohner alles mögliche werfen. Diese ist noch die traditionelle Mülltrennungsmethode der Stadt.

Anzeichen einer Änderung gibt es schon, aber die Stadt hat Probleme bei der Suche nach geeigneten Orte für zwei Hausmüllsortieranlagen. Die Bewohner von den möglichen Nachbarstadtvierteln protestieren gegen ihre Niederlassung. Ein Missverstand, dass noch nicht richtig erklärt wird, weil die Sortieranlagen sich nur für wiederverwertbares Material (etwa 30% des täglichen Mülls der Stadt) kümmern wird. Die Leute verbinden die Anlage unter anderem mit dem Fall Doña Juana und die Unsicherheit des Ortes wegen den „Recyclers“, die Armen, die praktisch vom Müll leben. Am Ende hat sich der jetzige Bürgermeisteramt Bogotas entschieden, diese Aufgabe den nächsten Bürgermeister zurück zu lassen.

Obwohl in den Entwicklungsländern komparativ weniger Müll produziert wird als in den hochentwickelten Ländern, ist auch ohne Zweifel an die Änderung des Konsumsverhaltens der Menschen hier zu arbeiten, wo ständig das Bild der kapitalistischen Kultur nachgeahmt wird.