Paramilitärs satt

Es gibt so viele schöne Themen in Kolumbien, fern von Mord und Todschlag. Aber was zur Zeit das Land beschäftigt, sind die Paramilitärs und ihre Komplizenschaft mit Politik und Militärs. Ich denke, dass es sehr schwer ist für jemanden in Deutschland die Hintergründe und den Charakter der Paras , wie sie hier genannt werden, zu begreifen. Sind es Mörderbanden, eine illegale Armee, Selbstverteidigungsgruppen? Lasst mich kurz ausholen: Alles begann zu einer Zeit, als der Präsident Uribe Gouverneur in Antioquia war. Angesichts der Tatsache , dass die Regierung, die Militärs, die Polizei in weiten Regionen die Kontrolle verloren hatten und keine Präsenz zeigten, haben sich Selbstverteidigungsgruppen gebildet, sie wurden sogar legalisiert. Das waren die sogeannten Convivirs (was so viel wie Zusammenleben bedeutet). Ein logischer Vorgang. Wenn deine Farm nicht mehr vor Kriminellen und Dieben oder der Guerilla sicher ist, wenn du mit Entführung bedroht wirst, wenn du gezwungen wirst, Schutzgelder zu zahlen, dann musst du dich selber verteidigen. Ich hatte damals kolumbianische Farmer kennengelernt, die einfach keine andere Wahl hatten. Entweder aufgeben oder sich selbst verteidigen. So weit, so gut.

Doch die Paramilitärs entwickelten mehr und mehr eine militärische Struktur, waren die eigentlichen Antagonisten gegen die Guerilla, finanzierten sich mit Drogenhandel und Schutzgeldern (wie übrigens die Guerilla auch), verübten Massaker und spielten Katz und Maus mit der Guerilla. Die Situation geriet außer Kontrolle. Das Leben im Land begann sich zu polarisieren. Lokale Politik ohne Berücksichtigung der wirklichen Machthaber in den Provinzen war nicht mehr möglich. Oder du bist mit der Guerilla oder mit den Paramilitärs. Das wurde das Credo im Land. Die Möglichkeiten der Korruption waren und sind unendlich, wenn so viel Geld bewegt wird. Hier und woanders in der Welt. Und damit kommen wir wieder zum eigentlichen Grund der Gewaltwelle, diesem Teufelskreis, der Kolumbien erstickt: die Drogen und die unglaubliche Profite, die sie produzieren. Auf das Thema werden wir in diesem Blog immer wieder zurückkommen müssen. Es geht einfach nicht an, dass das Ausland Kolumbien ständig mit dem Stigmata eines Drogenstaates identifiziert, wenn die Verantwortung hauptsächlich genau in diesen Staaten liegt. Hier wird übrigens das eigentliche Geld gemacht, nicht nur im Drogenkonsum, sondern auch mit den Chemikalien, die benötigt werden um diese Drogen herzustellen. Wie sagt das Sprichwort: „Man sieht den Splitter im fremden Auge, im eigenen den Balken nicht“.

Was in Kolumbien zur Zeit passiert ist positiv. Mehrere Kongressabgeordnete sind festgenommen worden. Heute ist die Außenministerin zurückgetreten, weil ihr Bruder und ihr Vater in die Skandale verwickelt sind. Fantastisch. Das erwartet man in einem demokratischen Land. Und das ist auch die Politik von Uribe, der Transparenz fordert und sie erzwingt, unabhängig wie sehr er nun wirklich an den Entwicklung des Paramilitärismus beteiligt war. Das ist auch ein Sieg der kolumbianischen Institutionen, da kann man sagen was man will.