EPS & sisben: Gesunheitswesen in Kolumbien

DoctorWie steht es um das Gesundheitswesen in Kolumbien, werden alle Kolumbianer versorgt oder gibt es die medizinische Versorgung nur für Besserbetuchte?

Zu diesem Thema sprach ich mit Maria Isabel, eine Sozialarbeiterin im San Vicente Krankenhaus in Medellin. In ihrer Arbeit unterstützt sie die Patienten und die Angehörigen bei Fragen zu ihrem Krankenhausaufenthalt.

Grundsätzlich wird das Gesundheitswesen in zwei Kategorien unterteilt:
a) Regimen contributibo (zahlende Registrierungsform)
b) Regimen subsidiado (subventinionierte Registrierungsform)

Versicherung über EPS – Regimen Contributibo

Alle Angestellten sind automatisch im Regimen Contributibo. Der Krankenversicherungsbeitrag, der monatlich vom Gehalt abzuführen ist beträgt 12,5 %, der gleiche Beitrag wird auch vom Arbeitgeber getragen. Wie in Deutschland auch hat der der Angestellte die Möglichkeit sich unter verschiedenen Krankenkassen sich diejenige auszusuchen, die am ehesten seinen Vorstellungen entspricht. Die kolumbianischen Krankenkassen nennen sich EPS (steht für Empresa Prestadora de Servicios) in Kolumbien. Es gibt eine Vielzahl von Krankenkassen, einige gibt es nur regional, andere sind landesweit vertreten. Die größten EPS hier in Medellin sind zum Beispiel: SuSalud, Coomeva, Grupo SaludCoop. Die verschiedenen EPS haben verschiedene Vertragsärzte und Vertragskrankenhäuser. In Notfällen haben alle Krankenhäuser die Pflicht einen Patienten mit EPS zu helfen. Für normale Untersuchungen ruft der Versicherungsnehmer bei seiner Krankenkasse an um zu erfahren, welche Ärzte zuständig sind. Im Normalfall sucht sich der Versichterte dann den Arzt heraus, der am nächsten liegt.

Die Bezahlung

Ein Teil der Behandlungskosten muss vom Patienten selbst übernommen werden. Wie hoch dieser Anteil ist hängt vom Gehalt ab. Dieser Anteil ist sehr gering, als ich vor ein paar Wochen beim Arzt war musste ich z.B. 5500 Pesos zahlen, das entspricht 2 Euro.

Viele Kolumbianer, die versichert sind gehen bei Kleinigkeiten aber den schelleren, einfacheren – aber auch teureren – Weg. Zusätzlich zu den gesetzlich vorgeschriebenen EPS, bieten die Krankenkassen auch den Service „prepagada“, also vorbezahlt. Dazu zahlt man etwa 200.000 Pesos (entspricht 70 Euro) monatlich zusätzlich zu den 12,5% die gesetzlich vorgeschriebenen Beitrag. Dadurch kann der Patient sich den Arzt selbst auswählen und ist auch international krankenversichert.

Auch im Rentenalter bleiben die Kolumbianer über ihre EPS versichtert, die Zahlungen erfolgen dann prozentual von der Rente. Wie in Deutschland auch gilt die EPS für die ganze Familie. Ist also z.B. der Vater über die EPS krankenversichert, so ist die ganze Familie mitversichert.

Da die EPS Geschellschaften privat sind, haben sie ein Profitstreben. Sehr häufig kommt es bei den Versicherungen vor, dass Behandlungen nicht bezahlt werden, obwohl dem Versicherungsnehmer die Behandlung zusteht. Viele Versicherungsnehmer sehen in diesen von einer gerichtlichen Durchsetzung ihrer Rechte ab, weil sie keinen Anwalt haben oder ihre Rechte einfach nicht kennen. Daher lohnt sich dieses Vorgehen aus Sicht der Krankenkassen leider wirtschaftlich.

sisben – Regimen Subsidiado

Mit sisben können sich Arbeitslose, Arbeitnehmer ohne offiziellen Vertrag, Binnenvertriebene, Indianer und Obdachlose kostenlos krankenversichern. Allerdings müssen sie im Fall einer Behandlung einen Eigenanteil selbst tragen. Dieser Eigenanteil hängt vom Lebensniveau des Versicherten ab. Ein Arbeitsloser muss diese Versicherung selbstständig beantragen. Während des Anmeldeprozesses wird der Antragsteller zu Hause besucht um einschätzen zu können welche finanziellen Mittel im zu Verfügung stehen. Danach wir der Antragsteller in einer der folgenden vier Stufen zugeteilt:
Nivel 0
Nivel 1
Nivel 2
Nivel 3

Die Unterschiede ziwischen diesen Abstufungen liegen in den Selbstbeteiligungen. Verfügt der Versicherte über keine finanziellen Rekursen, so wird er in das Nivel 0 zugeteilt. Das bedeutet, dass er alle Behandlungen inklusive Medizin kostenlos zugeteilt. Bei Nivel 1 müssen 5% der Kosten selbst getragen werden, bei Nivel 2 sind es 10% und bei Nivel 3 sind es 30%.

Soweit die Theorie.

Die Gemeinden haben die Aufgabe die Bevölkerung über die Möglichkeiten von sisben zu informieren aber sparen sich oft diese Arbeit. Aus Unwissenheit sind daher viele Kolumbianer unversichert.

Im San Vicente Krankenhaus, in dem Maria Isabel arbeitet, werden auch sisben Patienten aufgenommen. In San Vicente kommen aber regelmmäßig auch unversicherte Patienten. Zum Glück können diese Patienten hier kurzfristig (innerhalb acht Tagen) sisben beantragen und sind somit versichert. In Notfällen reicht aber auch das nicht aus. In diesen Fällen ist dieses Krankenhaus jedoch verpflichtet den Patienten zu helfen und anschließend die Kosten in Rechnung zu stellen, auch im Wissen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit die Rechnung nicht gezahlt werden kann. Im Fall von San Vicente ist dies eine Regelung die der Verein, der das Krankenhaus finanziert, getriffen hat. Das es ein privates Krankenhaus ist, ist dies keine rechtliche Vorgabe. Generell können private Krankenhäuser sisben Versichterte also ablehnen, staatliche Krankenhäuser müssen sie aufnehmen. In der Praxis passiert es hier in Medellin aber zum Beispiel, dass das staatliche Krankenhaus Patienten abweist und diese dann in San Vicente medizinische Hilfe erbitten.

Die aktuellen Zahlen zu den Versicherten in Kolumbien (Stand März 07):
sisben: 31.151.270 Personen
EPS: 4.757.269 Personen
ohne Versicherung: 8.515.194 Personen
(Link zur Quelle)

Weitere Informationen zum Gesundheitswesen gibt es beim kolumbianischen Ministerio de Proteccion Social (aus spanisch).

Preguntas:
– gibt es in jeder stadt ein „san vicente“ ?