Bush in Kolumbien – was hat´s gebracht?

Bush - UribeWürden die Tauben des Plaza Bolivars nach ihrer Meinung zum Besuch des amerikanischen Präsidenten befragt, ihre Antwort wäre wohl nicht sehr positiv: „Hunger“ wäre die Auskunft. Aus Sicherheitsgründen wurde gestern der Platz geräumt und so gab es dann niemanden, der ihnen am Sonntag Körner zugeworfen hätte.

Aber auch die Presse hat heute über den gestrigen Besuch nichts „gehaltvolles“ zu bieten. Es wird viel über die, für das ansonsten strenge diplomatische Protokoll, ungewöhnlichen menschlichen Gesten der beiden Präsidenten berichtet. Offensichtlich sollte die Welt sehen, dass sich hier zwei sehr gut verstehen. Aber trifft diese Harmonie auch auf die Beziehung zwischen den beiden Ländern zu?

Aus kolumbianischer Sicht ist dies auf die menschliche Komponente bezogen sicherlich richtig. Kolumbianer hegen generell für Ausländer große Sympathien. Ob gleiches umgekehrt für die U.S. Amerikaner gilt, darf eher bezweifelt werden. So ist auch die Eingliederungspolitik der in den USA illegal lebenden Kolumbianer ein immer noch offener Punkt, der auch diesmal nicht angesprochen wurde.

Konträr zur Sympathie der Kolumbianer für die Amerikaner verhält es sich mit ihrem Vertrauen zur Politik der USA. Hier sehen sie eher den Koloss, der seine Machtpolitik weltweit durchsetzt. Die Regierung Bush und ihr Festhalten am stark kritisierten Freihandels Abkommen sind für viele ein rotes Tuch. Die kolumbianische Wirtschaft hingegen wartet auf eine Entscheidung, ob dieses Abkommen nun in Kraft treten wird oder nicht. Aber zu diesem Thema kann Bush, der die demokratische Mehrheit im Senat gegen das Abkommen in seiner jetzigen Form gegen sich hat, wenig sagen. Um das Thema nicht hoch zu spielen versäumten es sowohl Bush als auch Uribe, gemeinsam einerseits Argumente gegen die Kritiken an der Vereinbarung auf zu stellen und andererseits der Industrie Richtungen zu zeigen.

Solidaritätsbezeugungen gab es von Bush für den, wegen der Skandale um die Unterwanderung des Parlaments durch die Paras, stark unter Druck geratenen Uribe. Unter seinen politischen Unterstützern sind einige im „Para-Skandal“ verwickelt, einige sogar so stark belastet, dass sie in Untersuchungshaft sitzen. Aber Bush vertraut Uribe und dass er dafür sorgt, dass die Justiz weiterhin ungehindert ermitteln kann. Dass sein Freund selber den Paras zu Nahe stehen könnte, dass kommt Bush nicht in den Sinn.

Aber er weiß, dass Uribe in einer schwachen Position ist. Denn obwohl im amerikanischen Kongress und Parlament die Stimmen lauter werden, den „Plan Colombia“ – ein von den USA finanzierter Krieg gegen Drogen und Terrorismus – an strengere Auflagen an die Einhaltung der Menschenrechte in Kolumbien, die Verfolgung und Bestrafung der Kriminellen unter den einzelnen Gruppen wie den Paras und die Reparationen an die Opfer dieser Gruppen zu knüpfen, war Bush gerade in der Frage der Auslieferung erstaunlich leise. Führende Para-Köpfe, die nachweislich im Drogengeschäft aktiv sind, fürchten nichts mehr als eine Auslieferung an die USA. Obwohl es nicht offiziell ist, geht man in Kolumbien davon aus, dass die Regierung Uribe ihnen da Zugeständnisse machte. Allen lautstarken Ankündigungen, gerade der Amerikaner, zum Trotz, können sich die „Capos“ in Sicherheit wiegen. Und Bush hat gestern auch erstaunlich zurückhaltend über dieses Thema geredet.

Ebenso vertraut er Uribe, eine Lösung zur Befreiung der seit Jahren von den Guerillas festgehaltenen Amerikanern zu finden. Er sprach von einem Weg, der dieSicherheit der Geiseln garantiere, wohl wissend, dass Uribe für eine militärische Lösung steht.

Ein weiteres Thema, das nach Meinung der meisten Analysten auf der Tagesordnung zu erwarten war, wäre der Schulterschluss Kolumbiens mit den USA gegen den „Sozialismus des 21. Jahrhunderst a la Chavez“. Aber auch hier kann sich Uribe keine Kapriolen erlauben, vereinsamt er doch immer mehr auf der südamerikanischen Präsidenten-Bühne. Statt mit Hieben zu Chavez´Politik Abstand zu nehmen und eine gemeinsame Front gegen die „Abweichler aus der Panamerikanischen Einheit“ zu bilden, blieben die schönen Fotos im Familienalbum der Beweis, dass sich hier zwei verstehen.

Zwei Präsidenten die es im Augenblick nicht gerade einfach haben. Der eine muss zusehen, wie er die verbliebene Amtszeit gegen die Mehrheit seiner politischen Gegner übersteht, der andere hat zu Beginn seiner zweiten Amtsperiode viel Schwung durch den in seinen Reihen grassierenden „Para-Virus“ verloren.

Kleine Notiz am Rande: Die von Uribe gewünschte Übergabe der Schlüssel der Stadt Bogota an Bush, fand nicht statt. Offiziell lautet der Grund, dass dieser Punkt nicht in der originall Agenda vorgesehen war. Grundsätzlich werden solche Angelegenheiten in Kolumbien schnell unbürokratisch geregelt. Aber wenn der Bürgermeister der Stadt Mitglied der linken Partei Polo Demokratico ist, kann da für einen U.S.-Präsidenten wie Bush das Protokoll schon mal zur Hürde werden. Und noch eine kleine Notiz: Bundespräsident Horst Köhler wird am morgigen Dienstag die goldenen Schlüssel der Stadt aus den Händen des Bürgermeisters erhalten.

So überrascht die Bilanz des Besuches wenig: riesiges Aufgebot an Sicherheitskräfte, ein paar Demonstrationen und Krawalle vor den abgesperrten Gebieten und hungrige Tauben auf dem Plaza Bolivar.